Zum Wohlsein!

Vivat Bacchus! Schon die alten Römer wussten den Wein hoch zu schätzen, und auch, wenn der Falerner von damals nicht das war, was man zweitausend Jahre später unter einem guten Tropfen verstehen wird, liess sich der Siegeszug des vergorenen Traubensaftes nicht aufhalten. Spätestens mit dem Einzug des globalen Handels schwemmte eine unüberschaubare Anzahl an Wein über unser Land hinweg: Cabernet aus Chile, Shiraz vom fünften Kontinent und der Chardonnay aus dem sonnigen Südafrika füllen mittlerweile die heimischen Supermarktregale, und das in den meisten Fällen zu solchen Preisen, wo man fast neidig wird, denn selbst könnte man nicht annähernd so billig viele tausend Kilometer weit reisen. Und jeder verdient daran – der eine mehr, der andere weniger.

Viele Jahre lang war ich weintechnisch auf Weltreise, und es waren viele köstliche Tropfen darunter. Mittlerweile bin ich wieder in heimischen Gefilden unterwegs. Einerseits ändern sich erwiesenermassen alle paar Jahre die Geschmacksgewohnheiten, andererseits ist Deutschland nun mal Weinland und steht qualitätsmässig mit an vorderster Front in der Gilde der Kellermeister. Der Weg zur Mosel oder an die Ahr ist etwas aufwändiger als in den Supermarkt, aber der Umweg lohnt sich. Ich kann probieren. Es wird nicht bloss gekauft, sondern zelebriert. Vor mir die leckere Auswahl der letzten Lese, und hinter mir das geballte Wissen des Winzers – das kann dann auch mal etwas länger dauern. Ein guter Wein braucht halt seine Zeit.

Am liebsten verbinde ich das angenehme mit dem angenehmen, und so habe ich „meinen“ Winzer in Platten b. Wittlich gefunden. Hier wird die Weinprobe zur Erlebnistour, ein Kurzurlaub mit gutem Essen, Radeln durch die gesunde Eifelluft und eben Wein. Ganz nebenbei bietet das Weingut Görgen auch noch Stellplätze für Wohnmobilisten an, so dass ich dort quasi rundum glücklich versorgt bin. Platten liegt nicht direkt an der Mosel, sondern sieben Kilometer entfernt etwas versteckt an der Lieser, und so kam ich irgendwann mal auf die Bezeichnung „Eifelwinzer“. Man trifft hier nicht auf die Massen wie in den berühmten Weinorten der Mosel, aber auch nicht auf die teils exorbitanten Preise, die sich so einige Winzer dort zu fragen erlauben. Dank des nahen Maare-Mosel-Radweges radelt man in kürzester Zeit auf einer alten Bahntrasse nach Lieser und wenige Kilometer weiter mitten ins Herz der Mittelmosel nach Bernkastel. Oder in die andere Richtung hinein in die stillen Eifelwälder…

Wie beim Wein hat man die Qual der Wahl.

 

Neulich beim „Eifelwinzer“…

Ein paar Tage zuvor.

„Guten Tag, ich bin jetzt schon mehrmals bei Ihnen eingekehrt und möchte jetzt doch mal eine „richtige“ Weinprobe machen.“
„Dieses Jahr oder nächstes?“  Das breite Grinsen war selbst durch das Telefon deutlich wahrnehmbar.
„Am späten Freitagnachmittag, wenn’s passt.“
„Wir sind gerade mitten in der Lese, also so ab neun Uhr abends hätte ich Zeit.“
„Ich habe gehört, ihr habt auch Stellplätze. Wir kommen mit dem Camper und da woll…..“
„Überhaupt kein Problem, kommt einfach vorbei.“

Freitag am späten Nachmittag. An der Theke werde ich von zwei freundlichen Mitarbeiterinnen empfangen.

„Hallöchen. Ich hatte diese Woche mit dem Chef telefoniert. Wir sind mit dem Camper hier.“
„Sehr schön. Herzlich willkommen! Dann fahren Sie einfach am Haus vorbei und weiter hinten sind die Stellplätze.“

„Dort stehen wir bereits, und wir haben uns auch schon am Strom bedient. Ist der Chef denn schon da?“
„Ja, aber der kocht gerade. Momentchen…“

Ein paar MInuten später dann der Chefempfang.

„Ach, da seid ihr ja. Ich koche gerade, aber lasst euch erst mal Wein geben.“

Das Weingut verfügt über eine Vinothek, die selbst einem Staatsbankett gerecht würde. Nun sollte man aber Verständnis haben, dass diese nicht für eine Person geöffnet wird. Die Weinverkostung findet im allgemeinen an der Theke statt, wobei man aufzählt, was man gerne probieren möchte. Dann öffnet sich eine grosse Kühlschublade, und die Weine werden herausgesucht. Was nicht offen ist, wird geöffnet. Dazu dann die passende Anzahl an Gläsern. Und die freundlichen Mitarbeiterinnen erfüllen sorgsam meine Wünsche.

„Den halbtrockenen brauche ich nicht mehr zu probieren. Da nehme ich zwölf Flaschen mit, aber bitte den 2015’er. Und zwei Flaschen Riesling Spätlese. Ich suche noch einen richtig staubig trockenen Riesling.“
„Dann den trockenen QbA. Viele sagen übrigens, dass der Riesling Classic noch etwas besser wäre.“ Und schon stand eine weitere Flasche vor mir.
„Darf ich Sie alleine lassen?“ Mehrere Tische sind mit Gästen besetzt, und die wollen schliesslich auch bedient werden.
„Na klar. Probieren kann ich allein.“
„Prima. Wenn Sie Fragen haben… der Chef und ich sind in der Nähe.“

Dann probiere ich mich mal weiter durch…

„Ok, dann noch sechs Flaschen vom Trockenen und zwei Flaschen Classic zum Nachprobieren zuhause.“
„Ist notiert.“

Mittlerweile ist in der Küche etwas Luft und Cheffe lugt um die Ecke.

„Alles gut?“
„Alles bestens! Die leckersten Weine sind übrigens fast alle vom Jahrgang 2015. War ein guter, oder?“
„Der beste seit Jahrzehnten. Sie sollten aber auch mal unsere Burgunderweine probieren. Vorab den Blanc de Noir, ein weißgekelterter Spätburgunder. Gibts in trocken und halbtrocken. Meine Damen hier trinken gerne Weiß- oder Grauburgunder.“
Nun schaltet sich auch die Dame ein: „Also ich mag eher den Weißburgunder. Probieren Sie aber ruhig mal beide.“
„Also erst einmal muss ich etwas essen. Ok, also die drei probiere ich gerne noch, aber bitte nur einen winzigen Schluck.“ Letzteres deswegen, weil die eingeschenkten Proben meist ein halbes Weinglas füllen. Ok, aber ich muss ja nicht mehr fahren.

„Und was halten Sie davon?“
„Schreiben Sie mal zwei weitere Flaschen vom Blanc de Noir auf.“

Zum Abendessen auf der Terrasse gibt es dann Filetspieß mit Tzaziki, hausgemachte Bratkartoffeln und einen üppigen Beilagensalat. Dazu ein Glas vom staubtrockenen Riesling. Heureka – genau den habe ich gesucht. Ein Wein, der den Härtetest besteht und auch zu einem Gyrosteller passen wird.

„Ich müsste meine Bestellung nochmals ändern. Von dem trockenen zwölf Flaschen. Dafür fällt der Classic raus. Und bitte noch eine Flasche Blanc de Noir als Nachttrunk für nachher.“

Am nächsten Morgen.

„Machen Sie mal aus den zwei Flaschen Blanc de Noir sechs.“

Das Gesamtpaket bestand letztendlich aus zwölf Flaschen Riesling halbtrocken, zwölf Flaschen Riesling trocken, sechs Flaschen Blanc de Noir und zwei Riesling Spätlesen. Alles mit zehn Prozent Rabatt und sorgsam vom Chef zusammengestellt, verpackt und abholbereit vor der Vinothek deponiert.

„Trinken Sie auch Roten?“

Ohne meine Antwort abzuwarten, bekam ich noch eine Flasche prämierten Dornfelder in die Hand gedrückt…

Zum Wohlsein im Haus der besten Schoppen!

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