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Analog im Dialog

Eine Sehnsucht nach dem Einfachen und Natürlichen, die sich beständig regt. So beschreibt Theodor Fontane das vielleicht Beste in uns. Und genau dieses Gefühl war es, das mich wieder zurück zur analogen Fotografie brachte. Zurück zum Ursprung, zur Unvollkommenheit des eingefangenen Augenblicks, der sich kümmerlich durch die Alben und Pappkartons der abgelichteten Konterfeis schlängelt. Zurück zum Korn und zur Unschärfe, zurück zu den verunglückten Farbpanschern verbummelter Filmrollen. Zurück zu den Wurzeln.

Mut zum Fehler. Es ist gerade dieses Unperfekte, das den besonderen Reiz eines Augenblicks gefrieren lässt und ihn unvergessen machen kann. Der Fehler als Blickfang, als Anziehungspunkt. Ein exklusives Detail in einer erbarmungslos virtuosen Welt. Spass haben an weniger. Weniger Automation, weniger Megapixel und weniger das Gefühl haben, der Reiz müsse in der vollendeten Synthese jener antrainierter Faktoren liegen, die „das perfekte Foto“ ausmachen. PhotoShop war gestern, und heute grüsst wieder der freundliche Fotohändler.

So schön Retro. Es hat einen Reiz, weil es viel anspruchsvoller ist als das gewohnte Digi-Knipsen. Eine Filmrolle einlegen, spannen, wohl überlegt und nur zwölfmal auslösen. Das Filmdöschen dann zur Entwicklung bringen und gespannt auf die Bilder warten. Die Begrenzung, die Entschleunigung, die Spannung – eine Faszination der Belichtung, der Schärfe, und der Motivauswahl. Und jedes einzelne Bild gewinnt wieder an Wert.

Bilder machen statt Fotografieren.

Ich bin doch ein Macher.

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Eifeler Bauernschmaus

Deftiges aus der ehrlichen Eifelküche

  • 500 Gramm Kartoffeln
  • 400 Gramm vorgekochtes Sauerkraut
  • 1 Glas / Büchse Eifeler Grobe Leberwurst (ca. 200 Gramm)
  • 2 – 3 Zwiebeln
  • 3 Eier
  • Petersilie
  • Thymian
  • Schmalz oder Butterfett

Die Zwiebeln pellen, dünn schneiden und im heißen Fett kurz glasig werden lassen. Kartoffeln schälen, halbieren, in ca. ½ cm dicke Scheiben schneiden und in die Pfanne zu den Zwiebeln geben. Bei mäßiger Hitze ca. 15 – 20 Minuten bräunen, dabei nicht zu oft wenden. Dann das Sauerkraut, die Leberwurst und die Gewürze zufügen, umrühren, und alles gut heiß werden lassen. Zum Schluss die Eier aufschlagen und vorsichtig unter die Masse heben.

Dazu schmeckt ein selbst gemachtes Kompott ganz hervorragend.

 * * *

Wintermärchen

Wenn die Schneeflocken im Januar endlich ihren Weg in die Mittelgebirge des Landes gefunden haben und die Wettervorhersage ein üppiges Hochdruckgebiet ankündigt, ist die Zeit günstig, ein ausgiebiges Winterwochenende in der Eifel zu verbringen. In den Hotels und Pensionen ist reichlich Platz, und viele Gastwirte locken mit attraktiven Winterspecials. Im Herzen der Vulkaneifel kommt der Wintersportler allerdings nur bedingt auf seine Kosten, vor allem dann, wenn er seine Aktivitäten auf Skiern gestalten will: Hänge und Pisten sucht man vergeblich und auch Loipen für die Langläufer werden hier nicht gespurt. Dafür findet Jung und Alt fast überall einen kleinen Berg zum Rodeln, aber vor allem kann sich hier der Naturliebhaber auf Schusters Rappen mal so richtig austoben.

Die Eifel – hier ist der Wanderer König, denn hunderte Kilometer Wanderwege unterschiedlicher Schwierigkeitsgerade ziehen sich durch die Landschaft, und da ist für jeden etwas dabei. Auf den beliebten Pfaden wie der Eifelsteig kann man sicher sein, dass man gut ausgeschildert sein geplantes Ziel erreicht, und meist ist hier auch schon jemand gelaufen, der zumindest einen schmalen Trampelpfad in den tiefen Schnee gebahnt hat. Anders als in manch anderen Gebieten werden in der Vulkaneifel keine Wanderwege vom Schnee geräumt, so dass man sich oftmals seinen eigenen Winterwandertraumpfad selbst erarbeiten muss. Es ist allerdings ein ganz besonderes Erlebnis, die frische eingeschneite Natur sozusagen als Mann (oder Frau) der ersten Stunde neu entdecken zu dürfen.

Die goldenen Eifel-Wanderregeln gelten übrigens auch für den Winter, also nicht ohne Wanderkarte losgehen; auch, wenn der Weg angeblich nummeriert und ausgeschildert ist. Seit alle Welt nur noch den Eifelsteig läuft, habe ich es zu oft erlebt, dass regionale Wanderwege nicht mehr gepflegt werden und nach wenigen Jahren verfallen sind. Verrottete, abgefallene oder entwendete Wegzeichen sind nicht die Ausnahme, und schon steht man an einer Gabelung und weiß nicht mehr weiter. Ich nehme meist zusätzlich noch ein GPS-Handgerät mit und im Winter zusätzlich eine Taschenlampe, denn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen habe ich mich in den unwegsamen Wäldern rund um Gerolstein schon verlaufen.

Seit vielen Jahrzehnten bin ich immer wieder gerne Gast im Hotel Haus Huschens in Gerolstein-Michelbach. Die heutige Besitzerin kümmert sich nach wie vor liebevoll um ihre Gäste, so wie es auch ihre Eltern taten, als ich zusammen mit meiner Großmutter vor langer Zeit meinen ersten Urlaub dort verbrachte.

Auch im Winter bietet sich hier die Gelegenheit, die waldreiche Umgebung auf einem der zahlreichen Wanderwege zu erkunden und sich anschließend von den bodenständig köstlichen Gaumenfreuden verwöhnen zu lassen. Darüber hinaus besitzt das Haus eine kleine Sauna, in der man sich nach einer winterlichen Wandertour erst einmal richtig aufwärmen kann.

Auch wenn in den vergangenen Jahren zahlreiche Hotels und Gasthäuser schließen mussten, findet sich nach wie vor eine beachtliche Auswahl an Unterkünften, die sich für ein entspannt-aktives Wochenende anbieten. Naturnah im Herzen der Vulkaneifel in Weidenbach liegt das Hotel Pappelhof. In der warmen Jahreszeit als biker-treff beliebt, trifft man im Winter auf nur wenige Gäste, die in der Abgeschiedenheit der Vulkaneifel Ruhe und Erholung suchen oder in den umliegenden Wäldern Hirsch, Reh und Wildschwein auflauern.

Direkt von der Tür startet man zu einer kleinen Winterwanderung zur nahegelegenen Binsenmühle entlang des Flüsschens Salm, und natürlich sind auch größere Touren in die waldreiche Umgebung möglich.

Abends verwöhnt das Haus mit frischer, regionaler Küche, wobei auch Wildgerichte aus der Region geschlemmt werden können. Eine Sauna mit Außenanlage ist in Planung und soll im Laufe des Jahres 2017 fertig gestellt werden.

Die Eifel – oft grau, rauh und unwirklich, präsentiert sich heute von ihrer freundlichsten Seite. Dem Zauber der Landschaft auf der Spur führt mich der Weg vom nahe gelegenen Örtchen Neroth entlang der Kleinen Kyll bis Oberstadtfeld, von wo aus ein kurzer Aufstieg entlang des Winkelbaches mit einer prächtigen Fernsicht belohnt wird.

Es ist ein „kalter und doch mit Glanz angefüllter Wintersonnentag“ und er geht „wie ein schöner, leuchtender Cherub“ durch die Stille meiner Erinnerungen.

So erlebte der Eifeldichter Heinrich Ruland den Winter in der Eifel.

„Ein paar Schritte noch das enge Felsental hinaus, und die ganze Winterwunderwelt mit all ihrem Zauber, all ihrem Glanz und ihrer funkelnden Pracht lag vor mir. Hohe Tannen schlössen sie ein, hoben sich höher und höher, bildeten zackige Kämme, auf allen Ästen breite Streifen des flockigsten Schnees tragend. Ein leises Stäuben und ewiges Rieseln sickerte in die Stille, sonst kein Laut, kein Ton. Goldene Sonnenstrahlen tasteten an den Stämmen hin, legten sich prunkvoll wie ein Königsteppich über den marmorweißen Boden, schienen den steilen Hang hinauf und ließen den buschigen Ast einer Wintereiche aufleuchten, als ob er brenne.“

Schönes, stilles Eifelland…

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Knysna

A rainbow of tasting

  • Cocktailtomaten
  • Süsskartoffeln
  • rote Zwiebeln
  • Gemüse der Saison (z. B. Karotten, Paprika, Zucchini, Fenchel, Champignons, Aubergine, Stangenbohnen, Zuckererbsen, Okraschoten, Staudensellerie… )
  • Avocado
  • Zitrone
  • grünes Pesto
  • Büffelmozarella
  • Kresse
  • Olivenöl
  • Salz & Pfeffer
  • brauner Zucker

Knysna, eine beschauliche Stadt an der Garden Route im südlichen Afrika, gab dieser raffinierten Vorspeise ihren Namen. Mozarella und Pesto verraten unmissverständlich die Einflüsse Italiens in die vielfältige und kreative neue Küche Südafrikas.

Die Cocktailtomaten schmecken am besten „halbgetrocknet“.  Dazu werden sie halbiert und mit den Schnittflächen nach oben auf einem mit Backpapier ausgelegtes Blech verteilt.  Darauf kommt etwas Salz, brauner Zucker und Olivenöl. Den Ofen auf höchste Stufe vorheizen, die Tomaten hineinschieben und sogleich den Herd abschalten. So dürfen sie dann über Nacht zu aromatischen Geschmacksbomben heranreifen.

Die Süsskartoffel schälen, in fingerdicke Scheiben schneiden und im kochenden Wasser nicht zu weich kochen. Das Gemüse entsprechend vorbereiten, das heisst alles in mundgerechte Stücke schneiden und je nach Sorte bissfest dämpfen, dabei Zwiebeln, Zucchini & Co. in der Pfanne leicht anbraten.

Nun die abgetropften und -gekühlten Süsskartoffelscheiben in der Pfanne mit etwas Olivenöl goldbraun braten. Die noch warme Gemüsemischung mit etwas grünem Pesto und Zitronensaft vermengen, mit Salz/Pfeffer abschmecken und anschliessend auf den Kartoffelscheiben verteilen. Darüber dann den Mozarella zupfen und ein paar Minuten unter dem Grill zerlaufen lassen.

Auf einem Teller angerichtet mit in Spalten geschnittenen Avocado, den halbgetrockneten Tomaten, Kresse und etwas Pesto begeistert das nicht nur den Vegetarier.

Lekker eet!

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Überlebt

Vorgestern hörte ich, dass sie überlebt hat. Wie durch ein Wunder.

Ein ganz normaler Mittwoch, als ich frühmorgens auf den Zug wartete. Immer die gleichen Menschen, denen ich irgendwann keine weitere Beachtung mehr schenkte. Hier mal ein ‚Moin‘ und ein paar Meter weiter nur ein Kopfnicken. Müde sind sie alle noch. Ich eingeschlossen. Meine Kollegin, die des öfteren den selben Zug nimmt, strullerte mich ausführlich mit der gestrigen Tanzprobe ihres Karnevalvereins voll. Hoffentlich hält sie im Zug wenigstens ihre Klappe, damit ich noch ein wenig vor mich hindösen kann, dachte ich nur.

Ich musste blinzeln, da die Sonne gerade das Einfahrtssignal passiert hatte und mir mit ihrer morgendlichen Sommerlaune ins Gesicht schien. Noch fast drei Wochen Urlaubsvertretung – ach, die Zeit wird auch vorbeigehen. Irgendwann habe ich ja selbst dann mal Urlaub. Bloss wann? Und mit wem sollte ich ihn verbringen? Einer Einladung meiner Eltern in die Toskana folgen oder doch lieber mit dem Kumpel nach Spanien zum Abfeiern?

Sie trug eine lange Wolljacke, die viel zu warm für diesen Sommermorgen war – jedenfalls meiner Meinung nach, aber manche Menschen frösteln ja selbst bei tropischen Temperaturen. Und dann die knallroten Schuhe. Wenn man jeden Tag zu einer bestimmten Zeit einen bestimmten Ort betritt, fällt einem irgendwann jede noch so kleine Unstimmigkeit auf. Und irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Das jedenfalls dachte ich, als sie an mir vorbeiging. Nicht so sehr, weil ich sie bis dahin noch nie dort gesehen hatte, vielmehr, weil sie nicht in das Bild der morgendlichen Normalität passte.

Ein ganz normaler Morgen, als die Lautsprecherdurchsage die Einfahrt des Zuges ankündigte. Wenn auch die Ausnahme die Regel bestätigt, bin ich doch immer wieder froh, wenn nicht durch irgendwelche unplanmässigen Rangierarbeiten oder Signalstörungen die Durchsage eine längere Wartezeit ankündigt. Meine Stempeluhr interessiert es schliesslich überhaupt nicht, und die verlorene Zeit morgens muss ich dann nachmittags dranhängen. Es sind auch mal spielende Kinder oder generell Personen auf der Strecke, die mich schon einige Zeit wartend und fluchend in Zügen verbracht haben lassen.

Ich drehte mich automatisch herum, als der Zug hupte und schärfer als gewohnt bremste. Sie ging ihm entgegen – mitten auf dem Gleis. Als ich mich wiederum umdrehte, um mir die weitere Szene zu ersparen, spürte ich bereits fliehende Menschen um mich herum. Ich rannte ein Stück mit. Dann war Stille. Sie war einfach so auf die Gleise gestiegen, kurz bevor der Zug den Bahnhof erreichte , aber niemand hat das für den Moment mitbekommen.

Ein ganz normaler Mittwochmorgen, als der Zug als sonst zum Stehen kam. Auf dem Bahnsteig rannte niemand mehr. Es war für den Augenblick vorbei. Ungläubige Gesichter über das, was gerade passiert sein musste. Entsetzen, das die Farbe aus ihnen weichen hat lassen. Einige weinten. Und mir wurde leicht übel.

Warum sie gelaufen wäre, fragte ich später meine Kollegin. Sie hatte Angst, dass der Zug entgleist und auf den Bahnsteig fahren könnte. Und warum bin ich gelaufen? So richtig weiss ich das selbst nicht. Ich denke im Nachhinein, es war der Gedanke, mit dem Tod in nahe Berührung zu kommen. Vielleicht hätte es sie zerrissen, vielleicht hätte Blut gespritzt, vielleicht wären sogar irgendwelche Teile von ihr auf mich drauf gefallen? All das. Momente wie dieser kommen einfach zu unvorbereitet und plötzlich, aber mit aller Kraft und Gewalt, die das Leben manchmal bereit hält.

Ein ganz normaler Mittwoch? Mit fast zweistündiger Verspätung im Büro angekommen und der Kaffee verstärkte meine leichte Übelkeit dann noch zusätzlich. Hier und da ein paar neugierige Fragen, ungläubige Gesichter und kurzzeitiges Entsetzen, bis sich jeder wieder seinen Tagesgeschäften widmete. Von diffizilen Fällen hab ich die Finger gelassen, aber das gröbste dann doch irgendwie geschafft. In Gedanken war ich noch immer auf dem Bahnhof.

Wie ich am nächsten Morgen von anderen hörte, hat sie sich kurz bevor der Zug über sie hinweggerollte, einfach hingesetzt. Und das hat ihr wohl das Leben gerettet.

Wie durch ein Wunder.

Cool for Cats

Katzen – geschmeidige Geschöpfe. Schmusetiger als gesellige, eigenwillige Begleiter des Menschen und vielleicht ihm auch charakterlich ähnlicher als angedacht. Katzen als highlight einer Afrikareise, und ich musste herzhaft lachen, als es zum wiederholten Male die Katzen waren, die vorrangig und einsam zum Höhepunkt des globetrottigen Ausfluges in die Wildnis mutierten.

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Katzen als Sinnbild für die Wildnis Afrikas – jene ursprüngliche Weite, die dem Leben Raum lässt. Die Wurzeln der Vorreiter sind tief spürbar, und wer erinnert sich nicht an die unsterblichen Augenblicke, die Grzimek & Co. vor vielen Jahrzehnten festhielten.

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Ich fand mich viele hundert Meilen südlicher wieder, als ich vor gar nicht langer Zeit ein Projekt besuchen durfte, das nicht nur die Sehnsucht nach dem afrikanischen Traum befriedigt, sondern auch dessen Schattenseiten aufzeigt. Africat – ein Fest für Katzen, und vor allem für solche, die in der freien Wildnis keine Chance haben. Die Problematik liegt auf der Hand: Nutzvieh versus wildness – selbst hier in den scheinbar unendlichen Weiten konfrontiert sich die Problematik zwischen Farmleben und wildlife immer wieder auf’s Neue.

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In aller Frühe sind wir in Windhoek losgefahren – vorbei an zahlreichen Farmen in einer ansonsten monotonen Landschaft auf dem Weg in den Norden des Landes. Inmitten des Okonjima Nature Reserve schlugen wir unser Lager auf. Sogar einen pool gab es zu meiner grossen Überraschung, der mir nach vielen Stunden staubiger Fahrt eine willkommene Abkühlung bescherte.

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Auf einer Gesamtfläche von 20.000 Hektar leben hier Leoparden, Löwen und Geparde. Allerdings ist dies kein zoologischer Garten – die Tiere wurden nicht freiwillig aus der Wildnis genommen und stammen ausnahmslos aus dem ewigen Konflikt zwischen Tier und Mensch. Verwaiste, verletzte und sonstwie hilflose Großkatzen werden hier auf ihr zukünftiges Leben in freier Wildbahn so gut wie es irgendwie geht vorbereitet, und immerhin liegt die Auswilderungsquote bei annähernd 90 Prozent.

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Africat bietet Essen, Pflege und ein Zuhause auch für die wenigen, die sich nicht mehr in die Wildnis Namibias reimportieren lassen. In permanenter Zusammenarbeit mit Forschern, Wissenschaftlern und Umweltbehören spricht Africat nicht nur den neugierigen Touristen an, sondern leistet auch Lehrarbeit für die Jugend des Landes. Hier geht es um weit mehr als nur die Präsentation von Raubkatzen – ein gut ausgebildetes Team vermittelt während der Tour ein attraktives Gesamtpaket aufschlussreicher Hintergrundinformationen rund um Mensch und Natur.

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Hier ist Aufklärung gefragt – ökologische Programme charakterisieren nicht nur ein grösseres Verständnis für die Umwelt und die Wichtigkeit der Erhaltung bedrohter Tierarten, sondern sorgen auch für ein ungetrübtes Miteinander zwischen den Bedürfnissen von Mensch und Tier, das im Vordergrund steht. So werden die Viehfarmer durch umfangreiche Rettungs-, Befreiungs- und Umsiedlungsprogramme unterstützt, um die Schäden durch Eindringen der Raubtiere so gering wie möglich zu halten

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Endlose Weiten, in denen sich scheinbar das Paradies ‚wildlife‘ offenbart, aber auch hier ist das Zusammentreffen von Mensch und Tier allgegenwärtig, das den Einsatz von Africat auf kommerzieller Ebene nötig macht. Ein afrikanischer Tag geht zu Ende und noch lange hallen die heutigen Eindrücke tief und beeindruckt in mir wieder.

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Africat – Katzen im Visier. Wo sonst beschreitet man den Kompromiss so geschickt, ideenreich und harmonisch wie hier?

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Antike unter Strom

Denkt man an Rom und seine Museen, fallen einem unweigerlich jene berühmten Sammlungen ein, die im Vatikan, in der Villa Borghese oder auf dem Kapitol zu bewundern sind. Tausende Menschen drängen sich täglich durch die Säle, Räume und Galerien, vorbei an antiken Schätzen, namhaften Meistern und himmlischen Pretiosen. Pausenlos belagert und totfotografiert verlieren sich die Werke der Ausnahmekünstler und Genies im Massenstrom der Besucher. 3000 Jahre Geschichte der Ewigen Stadt zusammengepfercht in Foyers, Fluren und Museumsklausen – Raffael und Bernini im Ausverkauf.

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Das es auch anders geht, beweist ein Museum, das eigentlich nur als Zwischenlösung angedacht war.  Umfangreiche Baumassnahmen im Konservatorenpalast auf dem Palatin im Jahre 1997 machten eine Auslagerung von großen Teilen der Sammlung nötig. Man entschied sich für das ehemalige Elektrizitätswerk Montemartini als zunächst vorübergehende Bleibe. Als nach acht Jahren die Bauarbeiten endlich abgeschlossen waren, beschloss man, die antiken Kostbarkeiten im Kraftwerk zu belassen – sozusagen als Aussenstelle der Kapitolinischen Museen.

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Das Museo Centrale Montemartini – die schönste Filiale der Welt. Hier findet man keinen Michelangelo, keinen Borromini und keinen Valadier und auch kein harziger Duft von Gemäldefirnis dringt in die Nase des Besuchers. Hier riecht es nach Altöl.

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Apollo Sosianus meets Franco Tosi – solcherlei Begegnungen des Gegensätzlichen schickt den Staunenden auf eine Zeitreise mit Quantensprungcharakter. Während im Vordergrund blütenweisser Marmor in Jahrtausenden rechnet, zählt sein Schatten gerade mal gute einhundert Jahre. Denn die grobschlächtigen Dieselmotoren, Kesselanlagen und Dampfturbinen stammen aus dem beginnenden 19. Jahrhundert und stehen scheinbar im Widerspruch mit den zarten und hochbejahrten Juwelen.

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Wie kostbar dieser Kontrast doch ist. Antike Kunst und moderne Industriearchitektur profitieren gleichermaßen voneinander. Ursprünglich war die monströse Maschinerie bereits demontiert, bis sich die städtische Elektrizitätsgesellschaft ACEA entschloss, den bereits im Verfall befindlichen Komplex zu restaurieren. So erfuhren Kesselhaus und Maschinensaal ihre Wiedergeburt als industriegeschichtliches Erbe der Stadt Rom.

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Schon in den Vorräumen präsentiert sich ein munteres Essemble kultureller Vielfalt vor dezent kolorierter Kulisse – erdiges Ockergelb rückt kleines und alltägliches in den Vordergrund und die effektvolle Beleuchtung sorgt obendrein dafür, dass sich so manche Nebensächlichkeit bei näherer Betrachtung in einen Knalleffekt extraiert.

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Schon hier verspürt man den innigen Wunsch, näher zu rücken und tiefer in die Geschichte einzutauchen, die hier zum Greifen nahe liegt. Immer wieder melodische Namen herausragender Gestalten, aber auch abseits dieser bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens findet man solche, die ihre Fäden im Hintergrund gezogen haben, so wie die Büste des Marcus Vipsanius Agrippa, der beste Freund und Schwiegersohn des Augustus. Und nicht zuletzt jene unbekannten und vergessenen Helden, die ihre Geschichten ausplaudern möchten. Politik, Alltag, Leben und Sterben – allgegenwärtige Augenblicke römischer Kultur.

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Imposante Fenster lassen ein wohliges, natürliches Licht in die riesige Maschinenhalle fallen und taucht die Exponate in lebendige Mystik. Ja, es scheint fast so, als wollten die alten Skulpturen aufstehen und umhergehen und aus ihrem Leben erzählen. Und wer würde da nicht gerne zuhören?

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Eine ansehnliche Sammlung römischer Portraits – wichtige Kaiser, unsterbliche Helden und namenlose Schönheiten; sie alle geben dem Ambiente Gesicht.

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Die Toga des einfachen Mannes hängt hier gleich neben des Kaisers goldenem Lorbeer, und unter dem Dach Jupiters ruht sich der Diskuswerfer von seinem Wettkampf aus.

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Götterdämmerung im Scheinwerferlicht, und wer hier den ein oder anderen schmerzlich vermisst, wird dafür auf andere Art und Weise entschädigt. Auch wenn die Sammlung keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit stellt, überrascht sie immer wieder mit anspruchsvollen Details, seltenen Portraits und historischen Momentaufnahmen. Und wer sich in der Vordergrund drängelt, wird rasch auf seinen Platz verwiesen.

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So war das auch damals schon, und viele mussten schmerzlich erfahren, dass der in die Wiege gelegte Lorbeer nicht nur verteidigt, sondern ebenfalls verdient werden musste. Auf Dauer halfen auch die prächtigsten Marmorbüsten, an denen wir uns hier erfreuen, nichts. Das Scheusal Caracalla schaut sicher nicht ohne Grund mit ernster und wohl ein wenig neidischer Mine auf seinen grossen Vater Septimius Severus, und viele Jahre später war es der Araber Philippus, der sich behaupten musste. Jedenfalls die Augen seiner Frau Otacilia Severa verbergen geschickt den Stolz einer Augusta. Aber zuvor spricht Mars sein Machtwort über die Lebenden und Sterblichen, und – bei den Göttern, es wäre unklug, nicht einen Moment zuzuhören…

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Detailarbeit im Rhythmus des alltäglichen Lebens – so präsentiert sich selbst die Zimmermannskunst der Antike plastisch und verständlich in handwerklicher Virtuosität.

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Im Kesselhaus kniet Niobe’s Sohn, den tödlichen Pfeil erwartend, und wer fiebert hier nicht mit? Eine fast unerträgliche Spannung liegt in dieser Szene und auch, wenn wir den Ausgang kennen, hoffen wir ganz insgeheim auf ein happy end.

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Aber auch hier geht es nicht nur göttlich zu – die junge Lucilla neben dem unbekannten, klugen Strategen aus der umfangreichen Sammlung des Fulvius Plautianus – jener Prätorianerpräfekt, der seinen Griff nach der Kaiserkrone mit dem Leben bezahlte.  Und schon befindet man sich wieder mitten im Leben der antiken Realität, das uns zumindest ein kleines Zeitfenster zu den unsterblichen Helden, strategischen Genies, fanatischen Herrschern und alltäglichen Charaktern öffnet, und sei es nur für einen Augenblick.

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Ein Augenblick der Stille: Der geschundene Körper des Marsyas, dem die Haut bei lebendigem Leibe abgezogen wurde als grausame Strafe für den Sterblichen, der sich zum Gott erheben wollte – nur ein Mythos, aber auch eine illustratorische Metapher der Selbstüberschätzung, die nachdenklich macht.

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Die Schöne und das Biest oder der Kitzel des großen Unterschieds zwischen Satyr und Nymphe, die trotz unausgewogener Schönheitsverhältnisse und scheinheiliger Abwehrstellung zu sexueller Vereinigung fanden – erotische Szenarien, die sich auch in den Statuen des Pothos aus hadrianischer Zeit enthüllen und dem Betrachter eine schmackhafte Pikanterie archaischer Geilheit offenbart.

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Neben den kurzweiligen Abdrücken findet sich aber auch Herausragendes. Solches, was man länger bestaunen und aus allen Perspektiven entdecken möchte. So entführt die Muse in ihre eigene, besondere Welt, und auch, wenn die Papyrusrolle ihren Namen nicht verrät, scheint ihr gedankenverlorener Blick gerade so, als hätte sie ihn selbst vergessen.

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Salopp hingegen schlägt die unbekannte Schönheit ihre Beine übereinander. Die personifizierte Anmut – lässig unschuldig nicht nur ihre Körperhaltung, sondern auch die raffiniert auf dem Haupt verknotete Frisur. Ein Leckerbissen.

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Wenn der Rheinländer von einem „lecker Mädche“ spricht, meint er gemeinhin ein rundum attraktives weibliches Wesen. Nun, jene Kaiserin, auf die diese Beschreibung ohne weiteres zutrifft, feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag und wo sonst könnte sie dieses Fest würdevoller begehen als in ihrer Heimatstadt Köln. Agrippina, die ihren eigenen Onkel heiratete und aus ihrem Schoss einen Tyrannen gebar – eine Statue aus schwarzem Basanit, deren einzigartige, fast schon spirituelle Erhabenheit die dunklen Seiten der Macht in allen Details umschreibt. Und wenn sie nicht gerade auf Tournee ist, kann man sich von ihrer magischen Anziehungskraft hier selbst überzeugen.

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Ganz großes Kino: Eine Kulisse in blau, grün und ocker, die den Akteuren genügend Spielraum zur vollen Entfaltung lässt. Die Hauptdarsteller ihrer Zeit inszenieren sich blütenweiss auf intimem Podium und entführen den Zuschauer in die Welt der Komödien, Dramen und Episoden erregender Epochen.

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Antike unter Strom, und elektrisiert verlässt man diesen Ort. Sicher, es gibt berühmtere Sammlungen, wichtigere Statuen und bestimmt auch bedeutendere Spuren der römischen Antike. Aber nirgends so spannend wie hier.

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handymania

„Ok, also ‚ne Packung Arborio-Reis und Olivenöl Extra-Vergine. Bring’ ich noch mit. Bis später, Schatzi.“

Grummelnd stecke ich mein Handy zurück in die Hosentasche und trete aus der Warteschlange an der Supermarktkasse, in der ich mich eine viertel Stunde zuvor eingereiht hatte. Dabei waren meine ersten Einkäufe bereits auf dem Förderband platziert, und im Kopf hatte ich schon grob überschlagen, wie viel mich der heutige Einkauf kosten würde. Mit den eilig wieder in den Korb gelegten Delikatessen steuere ich sehr zur Freude der hinter mir Wartenden erneut die Regale an, um mich kurze Zeit später wiederum in die Schlange an der Kasse einzureihen zu dürfen – mit ‚ner Packung Arborio-Reis und Olivenöl Extra-Vergine und natürlich ganz hinten.

Und das alles nur, weil ich jederzeit und überall erreichbar bin oder meine es sein zu müssen. Die mobile Funktechnik macht’s möglich. War vor wenigen Jahren das Läuten eines Telefons nur in geschlossenen Räumen zu vernehmen, verfolgen heute Klingelgeräusche in unüberschaubarer Vielfalt den Menschen auf Schritt und Tritt und nach überall hin. Kaum ein paar Minuten vergehen, dass nicht von irgendwoher ein Brummen, Zirpen, Schellen, Bimmeln oder Fiepen in’s Ohr dröhnt, gefolgt von einem pseudo-überraschten „Halloooooo?“ des Angewählten. Natürlich posaunt man nicht den eigenen Namen heraus, denn wen im Umkreis der Mithörenden geht’s schon an, wie man heißt? Und schließlich weiß der Anrufer ja selbst, wen er da gerade angewählt hat – meistens jedenfalls.

Früher war das Rascheln der Tageszeitung der Standardton einer Pendlerzugfahrt, heute ist es das Klingeln des mobilen Freundes. Wahrscheinlich spart sich die Bahn deswegen auch die musikalische Untermalung einer Zugfahrt – die Klingeltöne der meisten Handys sind nämlich gar keine, sondern eher ein buntes Gedudel aus den Bereichen Charts, Musical oder Klassik. Die ersten Takte des aktuellen Lieblingshits gehören unbedingt zum mobilen Lifestyle, und das Jahresabo für polyphone Klingeltöne sorgt dafür, dass man auch immer schön auf dem neuesten Stand bleibt.

Der Empfang von Kurznachrichten wird meist nicht von einer solch kreativen Musikuntermalung angekündigt. Hier haben sich anbieterabhängig einige wenige, aber prägnante Tonfolgen standardisiert – mit dem Nebeneffekt, dass bei Einsetzen dieses Geläutes mindestens fünf Leute gleichzeitig und eiligst ihren mobilen Freund hervorkramen. Leider gibt’s meist nur einen Angewählten, so dass vier Handys gleich wieder unauffällig und unter Vortäuschen eines Hustenanfalles in den Taschen verschwinden. Schließlich gehört man selbst ja nicht zum Kreis der Süchtigen, die in Lauerstellung auf ein Lebenszeichen ihres Mobiltelefons warten.

Natürlich freut man sich über eine eingehende SMS wie ein Schneekönig, wäre beim Schreiben einer solchen das Eintippen nicht so mühsam. Also her mit den Abkürzungen. Sachen wie LG (Liebe Grüsse) oder HDL (Hab dich lieb) sind lange bekannt, doch um möglichst viel mit den 160 Zeichen zu sagen, ist so manch einer dem AKÜFI (Abkürzungsfimmel) erlegen: WZTWD? (Wo zum Teufel warst du?) oder LAWAMA! (Lass’ uns was machen!) lassen ganze Sätze auf wenige Zeichen zusammenschrumpfen. Verhunzung? Irgendwie ja schon. Ständig und wegen jedem noch so kleinen Schei.. werden SMS geschrieben, sogar noch öfters als E-mails. Die weltweiten Einnahmen aus den Handy-Kurzbotschaften beliefen sich laut Marktforschungsinstitut Gartner im Jahre 2005 auf knapp 30 Milliarden Euro und dürften der Prognose zufolge bis 2010 auf über 70 Milliarden Euro anwachsen. Na, da wird sich aber so mancher über die Rechnung freuen.

Es gibt Momente, da sind bimmelnde Handys ebenso willkommen wie Zahnschmerzen am heiligen Abend. Mozarts Zauberflöte ist bisher ohne polyphone Klingeltonbegleitung ausgekommen und wird es hoffentlich auch in Zukunft sein, und auch die montagmorgendliche Vorstandssitzung wird durch permanentes Handygeblöke nicht kurzweiliger. Ebenso daneben ist das romantische Candlelight-Dinner, wo in regelmäßigen Abständen der elektronische Giftzwerg dazwischenfunkt. Zugegeben, wenn man ein Handy mit einer Million Funktionen besitzt, möchte man auch Gebrauch davon machen, aber doch bitte nicht im vollbesetzten Bus. Hat man sich dort gerade mit der musikalischen Berieselung aus Discman, MP3-Player und ipod abgefunden, mutieren jetzt auch die Handys zu kleinen Ghettoblastern.

Vor einigen Tagen hatte ich einen merkwürdigen Traum. Ich träumte, alle Handys in meiner Umgebung führten ein Eigenleben und planten eine große Verschwörung. Es begann damit, dass sie grundlos und zu beliebigen Zeiten zu klingeln begannen. Wenig später steigerte sich das Ganze in ein unkontrolliertes Durcheinander von diversen mono- und polyphonen Klingeltönen, deren Lautstärke auf ein unerträgliches Maß anschwoll. Einige von den kleinen Plagegeistern hatten sogar Beinchen und hüpften im Takt ihres Geläutes durch die Gegend. Schließlich formierten sie sich in Reih und Glied und marschierten bis an die Tasten bewaffnet mit Pauken- und Trompetentönen gegen ihre Besitzer auf, denen nichts anderes übrig blieb, als mit zugehaltenen Ohren die Flucht zu ergreifen. Nur die sofortige Vernichtung aller Ladegeräte konnte schlimmeres verhindern.

Handymania – wie soll ein Phänomen beschrieben werden, für das es keinen Eintrag im Duden gibt, das sich wie eine Seuche verbreitet und mittlerweile bis in die abgelegensten Winkel der Erde reicht? Inzwischen hat fast jeder ein Handy, und ja, ich gebe es zu: Ohne Handy wäre ich aufgeschmissen. Ich möchte jederzeit erreichbar sein – von meiner nächtlichen Tiefschlafphase mal abgesehen, und auch andere erreichen können. Und ich muss sagen, wenn es auch manchmal zum unpassendsten Augenblick läutet, freu’ ich mich unglaublich über eine nette SMS oder einen lieben Anruf. Handy ist in. Handy ist cool. Handy ist geil. Handy ist eben handy.

Und ohne meinen mobilen Freund gäbe es heute abend anstelle eines leckeren Risottos nur die Reste von gestern.

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Eilandkeuken

Wer Texel bereist hat, weiss vielleicht, dass die kleine niederländische Watteninsel nicht nur ein Kleinod für Ruhesuchende und radelnde Individualisten ist, sondern auch dem gaumenverwöhnten Feinschmecker ein Mekka voller kreativer Genüsse bietet. Nachdem ich doch einige Zeit auf Texel verbracht habe, erlaube ich mir eine kleine kulinarische Reise quer über die Insel, die nicht nur mit ihren berühmten Pannekoeken aufwartet, sondern auch ihre ganz besondere Inselküche präsentiert – eben die Eilandkeuken.

 

Het Schoutenhuys

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Für mich die unangefochtene Nummer eins; insbesondere deswegen, weil das Lokal dem Besucher die Qual der Wahl abnimmt. Hier gibt’s nämlich keine Speisenkarte, sondern nur ein Gericht, oder besser: Gerichtlein, denn ausser den ‚gerechies‘, die dort serviert werden, gibt’s nicht anderes. Einzig und einzigartig, denn für knappe dreissig Euro wandelt man durch einen kulinarischen Tempel der Inselküche mit verschiedensten texeltypischen ‚Tapas‘, denn ‚gerechies‘ bedeutet nichts anderes als kleine Happen, die im Schoutenhuys in vielen Gängen serviert werden – Slowfood vom feinsten. Die aufmerksamen und kompetenten Kellner ergänzen das kreative Kulinarium freundlich, ehrlich und zurückhaltend. So sollte es sein – eine Inselküche, die nicht nur Freude, sondern auch satt macht.

Aber auch geschichtlich wandert man auf einem höchst interessanten Pfad. Das Schoutenhuys war einst ein hoheitliches Amts- und Gerichtsgebäude; den Schouts oblagen nicht nur die gerichtlichen, sondern auch die steuerrechtlichen Belange der Stadt. Wen wundert es, dass die hoheitlichen Aufgaben damals schon mit einem besonders guten Mahl belohnt wurden? Fünf Sterne.

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Vincent Eilandkeuken

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Nicht nur Gaullt Millau bescheinigen Vincent & Miriam beste Kritiken – auch ich schliesse mich an. Nicht nur das Dinner im ‚Haupthaus‘, das heimelig versteckt im Grünen der Insel liegt, sondern auch der Salat mit Käse von glücklichen Inselschafen in der City Lounge haben mich überzeugt. Nur beste Zutaten, frisch auf den Tisch, garniert mit der Prise neuer Ideen, die die Insel unnachahmlich prägt. Allein hätte ich mir gewünscht, die Portionen hätten jenen Seemann gesättigt, der sturmumpeitscht den Weltmeeren trotzte. Viereinhalb Sterne.

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Catharinahoeve

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Was wäre Holland ohne seine Pannekoeken? Auf Texel fährt man nach Catharinahoeve, um die besten der Insel zu kosten. In den Sommermonaten lädt der Biergarten zu einer Pause ein, im Winter lümmelt man sich vor dem riesigen, offenen Kamin und vertreibt sich die Zeit, bis ein Tisch frei ist. Denn leider ist das Bauernhofrestaurant längst kein Geheimtipp mehr und gerade am Wochenende empfiehlt sich eine frühzeitige Reservierung. Wer dort keinen Pannekoeken probiert, ist selbst schuld. Viereinhalb Sterne.

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De Texelse Visspecialist

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 Auch wenn das Ambiente nur eine ’schnelle Mahlzeit‘ vermuten lässt, ist der Fischspezialist in Oudeschild noch immer Nummer eins für den leckersten und frischesten Fang aus dem Meer. Kein Wunder – denn im Hafen von Oudeschild laufen tagtäglich die Kutter ein. Egal ob Kibbeling oder Garnelen; der Liebhaber der Meeresküche kommt hier garantiert auf seine Kosten. Ungewohnt, aber nützlich sind die ‚Pieper‘, die Alarm schlagen, wenn die Bestellung zum Verzehr bereit liegt. Viereinhalb Sterne.

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De Texelse Chocolaterie

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Es ist wahrlich die Adresse für den wahren Schokoladenliebhaber – als Freund der erlesenen Kakaobohnen erlaube ich mir dies zu wissen. Zwar liegt die kleine Manufaktur versteckt im Gewerbegebiet bei Den Burgh, doch Lia und Nanne-Jan beweisen meisterlich, dass sich im Teamwork am besten die edlen Schokoladen mit den inseltypischen Zutaten zusammen führen lässt. Im Ergebnis vollendete Schokomagie mit hohem Suchtfaktor. Fünf Sterne.

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Wijngaard De Kroon

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Texel ist immer für Überraschungen gut und oft trifft man das an, was man nicht vermute hätte. Werdenkt schon, dass so hoch im Norden Europas Weinbau betrieben wird? Jan-Jaap Kroon, ein junger und ehrgeiziger Winzer beweist allerdings, dass selbst auf knappen drei Hektar sandigen Bodens Weine wachsen, die zwar nicht mit den grossen Gewächsen namhafter Güter mithalten können, dafür aber ihren eigenen, ganz besonderen Charme entwickeln und die Inselküche harmonisch ergänzen. Vier Sterne.

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 De Kroontjes

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Ein ehrliches Lokal mit hohem Wohlfühlfaktor am Rande von De Koog. Wenn auch die äusserliche Erscheinung eher unscheinbar daher kommt, sorgen Gerda und Ronald für ein Ambiente, das Auge und Magen gleichermassen zufrieden stellt. Texelse lam ist hier eben so zuhause wie ein belgischer Boeren Breugel und die hausgemachten Kroketten aus Waldpilzen mit Trüffelmayonaise beweisen, dass man sich nicht scheut, selbst einfachste Gerichte für den erlesenen Gaumen aufzufrischen. Vier Sterne.

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Paal 17

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Wer glaubt, dass sich die gastronomischen Ergüsse der Niederlanden ausschliesslich im Landesinneren befinden, wird im Strandpaviljoen Paal 17 eines besseren belehrt. Immer wieder gerne nutze ich die Gelegenheit, bei meinen langen Strandwanderungen dort eine kleine Pause einzulegen, aber auch nach Sonnenuntergang bleibt ein Dinner mit traumhaftem Meerblick ein Erlebnis der besonderen Art. Vier Sterne.

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Sjans

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Wenn auch die website ein wenig Ballermannfeeling versprüht – bei Sjans ist man immer an der richtigen Adresse. Jedenfalls dann, wenn man(n) Lust auf eine satte Portion Fleisch hat. Welcom bij Sjans – der Titel ist Programm. Inmitten des pulsierenden Insellebens auf der Dorpstraat in De Koog  isst man hier Steaks & Burger. Die Portionen sind nicht nur üppig, sondern punkten auch qualitativ. Vier Sterne.

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Texel Culinair

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Leider kann ich nächstes Jahr nicht mit dabei sein, wenn Texel seine Tore für die Feinschmecker öffnet: Texel Culinair. ein Event, dass jedes Jahr Anfang September stattfindet und die kleine Insel in kulinarischem Atem hält. Ein Festival der Genussmagie, ein Mekka für Gaumenfreudige, und das drei Tage lang. Drei Tage steht die kleine Watteninsel unter Strom – drei Tage des kulinarischen Wahnsinns, das nicht nur die Spiztenköche Texels an ihre Grenzen treibt. Immerhin gilt es, einen Preis abzuräumen. Geschmackssache – ich erfreue mich an den vielzähligen genialen Kreationen, süffel meinen Wein und freue mich auf’s nächste Mal. „Geweldig! Elk jaar kom ik speciaal voor Culinair.“ – so ein Kommentar. Dem ist nichts mehr hinzufügen… 

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Red Sails In The Sunset

Genau dieses Bild hatte ich vor Augen: Eine glutrote Düne, die sich in den stahlblauen Himmel schwingt. Im Vordergrund ein fast schwarzes Fragment, das dem farbigen Essemble seine kargen Äste gespenstisch entgegenstreckt. Dieses Bild hatte sich in mir eingebrannt, als ich vor vielen Jahren einige Fotos der Namibwüste in einem Reisekatalog entdeckte. Es war die unendliche Schönheit des Einfachen, eine geheimnisvolle Komposition aus Millionen Jahren Erdgeschichte und polychromer Entrückung.

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Die Landschaft präsentierte sich rau und manchmal unwirtlich, und nur vereinzelte ländliche Gemeinden passierten wir auf langen Fahrt, die uns vom kleinen Ort Aus im Süden, wo wir die letzten Tage verbracht hatten, wieder in die Landesmitte bringen sollte. Die Erosion ist in diesem Gebiet weit fortgeschritten. Das NamibRand Nature Reserve – abgerundete Hügel, trockenes Gelände und ‚gefoltertes Gestein‘. Das flächenmässig grösste Naturschutzgebiet des Landes ist ein Eldorado für Menschen, die die Einsamkeit und die ‚unüberhörbare‘ Stille  der Wüste und deren Faszination suchen. Weite Sand- und Gesteinsflächen wechseln mit endlos schimmernder Graslandschaft und bizarre Gebirge definieren den Gegensatz.

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Selten habe ich mich so auf ein erfrischendes Bad gefreut. Wir alle waren froh, als wir nach über 350 Kilometer Schotterpiste das Camp aufgebaut hatten und uns – verstaubt und verschwitzt, in den kleinen Pool fallen lassen konnten. Die letzten Tage im Süden waren kühl und während der Fahrt sorgte die Klimaanlage dafür, dass wir die Temperaturschwankung gar nicht wahrnahmen. Doch hier im Sesriem Camping Site schlägt die Namib erbarmungslos zu.

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Touch me, desert! Am späten Nachmittag zieht es uns trotz des brennend heissen Windes auf eine erste Berührung. In knapp fünf Kilometer Entfernung vom Camp erhebt sich die Elim – benannt nach der Farm, die hier einst lag. Der Name stammt aus dem Hebräischen und bedeutet ‚Bäume‘ und das Alte Testament erzählt von Wasserquellen, Palmbäumen und dem Ort, an das Moses sein Volk nach der langen Wanderung durch die Wüste geführt hat.

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Auch wenn die mit Grasbüchel bewachsene Düne scheinbar einfach zu besteigen scheint – mühsam ist der Weg nach ganz oben, denn nur dort offenbart sich die Elim mit ihrer atemberaubenden Vielfalt an farbenfrohen Details und Ausblicken in eine sagenhafte Umgebung, die sich in der rasch sinkenden Sonne immer wieder neu präsentiert.

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Die herrlichen Farbenspiele begleiten uns lange, bis die Sonne das glühende Rot endgültig in ein erdiges Ocker verwandelt und den Himmel auffordert, seine Sternenpracht über die sich schlafen legende Erde auszubreiten. Immer wieder bleiben wir stehen – atemlos, um den Augenblick einzufangen. Den Moment, wo die Sonne hinter den fast schwarzen Dünensegeln abtaucht und ein magisches, ja königliches Violett hinterlässt.

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Sossusvlei – schon der Name treibt einem die Schweissperlen auf die Stirn. Sossus stammt aus der Sprache der Nama, die hier einst lebten, und bedeutet ‚blinder Fluss‘ und vlei steht im Afrikaans für einen kleinen, flachen Tümpel. Es gibt Zeiten, da schafft es das Wasser des Tsauchab River tatsächlich von den Naukluftbergen bis in die Sandwüste und haucht den Ton- und Lehmpfannen für einen Augenblick Leben ein, doch der Umstand, dass nennenswerte Niederschläge in den letzten Monaten ausgeblieben sind, lässt uns nur auf aufgerissene und zerfurchte Erde schauen.

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Noch weit vor Tagesanbruch erwacht das Camp zu geschäftigem Leben. Alle wollen nur das Eine: Den Sonnenaufgang an einem der schönsten Orte der Welt erleben. Die Luft knistert und der Himmel öffnet seine Pforten für einen der schönsten Tage, die ich meinem Leben erfahren durfte.

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Bis zur dune 45 sind es eben 45 Kilometer, und dann braucht es noch einige Zeit, sich im fluffigen Wüstensand ganz bis nach oben zu kämpfen. Aber die Mühe lohnt sich. Wenn die Sonne endlich über die schwarze Bergkette am Horizont kriecht, erlebt man sein ‚rotes Wunder‘. Wie könnte ich einen Augenblick beschreiben, dessen Schönheit sich immer wieder von neuem eröffnet? Es leuchtet, es glitzert, es glimmt. Scheinbar schwerelos eine Sinfonie in Blau, Lila, Rot, Rosa, Altweiss und Ocker – eine Melodie im Rhythmus der Natur, die niemals verstummt.

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Auch wenn ich nicht allein war, habe ich doch einige Zeit dort oben verbracht und über Gott und die Welt und alles mögliche andere nachgedacht. Längst abgelegte Gedanken, die hier sich hier Zeit und Raum nehmen, neu erlebt zu werden. Ein Freund von mir würde wohl anmerken, es wäre Zeit für ein Gedicht. Und so ganz unrecht hätte er nicht, und ich wünsche mir, diesen Moment mit ihm teilen zu können. Hier oben ist eben alles anders. Hier vereinigen sich Jahre zu einem einzigen Moment – hier wird mir wieder einmal bewusst, wie sehr die Spurensuche zu meinem Leben gehört. Hier bin ich ich.

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Nach einem deftigen Frühstück mit ‚ham & eggs‘ führte uns der Weg ins Nana Vlei. Hier weicht das satte Orangerot einem blassen Hellgelb, während die Sonne rasch an gewinnt und die Schatten schrumpfen lässt. Kameldornbäume saugen mit ihrem tiefen, weit verzweigten Wurzelwerk die letzten Reserven aus dem Boden, während in ihrem Schatten Oryx-Antilopen vor der unerträglichen Mittagshitze Schutz suchen.  Wie der Baum selbst sind auch die Tiere, die hier leben, genügsame Überlebenskünstler in widriger Umgebung.

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Die prächtigen Oryx-Antilopen haben sich im Laufe der Evolution an das Leben in der Wüste angepasst. Sie können, ähnlich wie Kamele, längere Zeit ohne Wasser auskommen und dabei ihre Körpertemperatur über 45 Grad ansteigen lassen, ohne Schaden zu nehmen. Möglich ist das dank der besonderen Konstruktion ihrer Halsschlagader, die wie ein Wärmetauscher funktioniert. Es sei jedoch gewarnt: Auch wenn die Tiere den Kontakt mit dem Menschen scheinbar nicht scheuen, kann die Unterschreitung einer gewissen Distanz lebensgefährlich sein. Oryx wissen sich gegen ihre potentiellen Feinde wie Raubkatzen und Hunde zu behaupten und forkeln alles nieder, was sie bedroht oder angreift.

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Die Wüste lebt. Auch wenn man stundenlang in einer scheinbar ausgestorbenen Welt umherschweift – das Leben findet im Verborgenen statt: Schlangen, Käfer, Spinnen und Skorpione verkriechen sich im allgemeinen vor der grossen Hitze unter Steinen, Gestrüpp oder in Erdlöchern. Sie alle haben eine eigene, geniale Strategie entwickelt, um ihren Wasserbedarf zu decken: Die lebenserhaltene Flüssigkeit nehmen sie mit ihren Beutetieren auf, die aus bis zu 70 % aus Wasser bestehen. Erfahrene Führer können diese Bewohner aufspüren, aber selbst in der Natur herumzustochern sollte man tunlichst unterlassen. Um im unbarmherzigen Überlebenskampf bestehen zu können, hat Mutter Natur so manchem Lebewesen einen hochprozentigen Cocktail an Toxinen mit auf den Weg gegeben, der auch für den Menschen gefährlich werden kann.

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‚Jetzt suchen wir den Tod‘, dachte ich, und tatsächlich ist es nur ein Augenblick, der über Leben und Sterben entscheidet. Die Wüste erscheint auf den ersten Blick unbarmherzig und grausam, aber wer mit ihr lebt und sich ihren Regeln unterwirft, wird erkennen, dass sie im tiefsten Inneren eine Oase sein möchte. Ein Ruhepunkt im Leben, an dem man – einmal wirklich angkommen, verweilen und neue Kraft schöpfen kann. Jedenfalls mir erging es so…

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Sesriem kommt aus dem Afrikaans und bedeutet ses riem, also ‚Sechs Riemen‘. Das Aneinanderknüpfen von sechs Riemen aus den Häuten der Oryx-Antilope war nötig, um Wasser aus diesem Canyon schöpfen zu können – manche Erzählungen sprechen auch von Ochsenfellen. Mittlerweile sind die Schöpfenden längst weitergezogen und nur wenige Wasserstellen inmitten des schieferartigen Gesteins sind erhalten geblieben. Ein winziges Überbleibsel, das sich in Regenzeiten in ein Märchenland verwandelt. Auch wenn dies durschnittlich nur alle 10 Jahre einmal vorkommt, bleibt ein Spaziergang durch die bizarren Felsformationen des uralten Gesteins ein besonderes Erlebnis. Der Sesriem Canyon hat sich im Laufe von zwei Millionen knapp einen Kilometer lang und bis zu 30 Meter tief in das Sedimentgestein hineingefressen; ein Winzling gegenüber seinen namhaften und spektakulären Verwandten. Doch der Sonnenuntergang beschreibt seine ganz eigene, archäische Schönheit und beweist, dass er den Vergleich nicht scheuen braucht.

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Wieder einmal geht ein Tag vorbei und ich geniesse den Sonnenuntergang im Canyon in vollen Zügen – gerade so, als wäre es der letzte. Morgen liegt ein langer Tag vor mir. Ein Tag voller neuer Impressionen, Abenteuer und Herausforderungen.. ein afrikanischer Tag eben.

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Red Sails in the Sunset –  es war jene olle Kamelle der jungen Beatles, die mir abends am Lagerfeuer in den Sinn kam. Genau so hatte ich die Namib gerade erlebt: Rote Segel inmitten eines Meeres, das seine Ufer in alle Winde verstreut und auf dessen Wellen ich mich wohlig treiben lasse.

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